Von 'Aalräuchereien bis
Zylinderstifte' lautet der Slogan. Nee, also wirklich – das Berliner Branchenbuch wollte ich
eigentlich nicht vorstellen. Ich stelle euch heute mal ne absolute Rarität vor:
Von Aal bis Zander. Fisch raffiniert
serviert, Pabel-Moewig Verlag Kg, 1994, 92
Seiten, gebundene Ausgabe, Hardcovereinband. Bei den üblichen On-line
Versendern bekommt man es inzwischen ab 1,76 €. Ist es sein Geld wert? NEIN -
oder doch JA???
Die 90er haben in mehrfacher Hinsicht
ihre Spuren hinterlassen, nicht nur auf dem Büchermarkt. Deutschland wurde
Wiedervereinigt. Der Denver Clan lag in seinen letzten Zügen, Sex and the City
übernahm das Ruder. Ach und Tamagotchis überfluteten die Schulhöfe.
Arschgeweihe lugten aus den tiefergelegten Hosen der Mädels. Man ravte auf der
Loveparade und mit Helge Schneider erlangt das Katzenklo zweifelhafte
Beliebtheit. Macarena ist kein neuer Brotaufstrich! Herzileins schießt der
Kavalier seiner Angebeteten auf dem Jahrmarkt. Auch hat der Titanic Song den
Untergang des Luxusdampfers nicht verhindern können. Musikalisch kann man die
Ergüsse von damals eigentlich nur noch im Vollsuff mitgröhlend ertragen.
O tempora, o mores
Marcus Tullius Cicero,
römischer Politiker und Philosoph, 63 v. Chr.
Zurück zum Kochbuch: Allerlei Rezeptideen von vor zwei Jahrzehnten braucht
eigentlich kein Mensch heute mehr. Erbsen-Fisch-Salat, Fischstäbchen,
überbacken mit Champignons, Lachs-Pilz-Ragout usw. ist weiß Gott nicht mehr à
la mode. Kein Rezept ohne Foto steht im Vorwort. Auch da hat sich fototechnisch
so Einiges geändert. Ein wahrer Augenschmaus ist das nicht! Es ist
Zeitgeschichte – nicht mehr und nicht weiniger. Wer Kochbücher sammelt, der fischt auch solche Literatur aus der
Trödelbücherkiste.
In einen Harung jung und schlank
der auf dem Meeresgrunde schwamm
verliebte sich o Wunder,
'ne alte Flunder, 'ne alte Flunder
Aus „Die Flunder und
der Harung“ Autor unbekannt
Und … Matjes geht (ähnlich wie übrigens Champagner) immer, auch damals
schon. Mit gedünsteten Apfelscheiben oder auch süß-sauer eingelegt, wie das
Büchlein empfiehlt.
Vorzugsweise donnerstags marschiere ich über den Hermann-Ehlers Markt
und wende mich, wie immer, dem Fischstand
meines Vertrauens zu. Spatzen sind
der Schlager der Saison. Spatzen sind für mich klitzekleine Vögelchen, vom
Aussterben bedroht. Nein, Spatzen sind hier junge Matjes. Auf Nachfrage woher der Nahme rührt, antwortet man
mir, die Schwänze von Fisch und Vogel ähneln sich so.
Manch Einer oder Eine
arbeitet sich des späten Abends an die Schokoladenschublade – ich an den
Kühlschrank. Denn … ich habe zwei Spatzen Päärle gekauft. Eins zum gleich
verputzen uns eins zum Vesper. Wie bei Janosch: Zwei Fische fangen, einen zum
Essen und einen, um ihm das Leben zu schenken in: Post für den Tiger: Die Geschichte, wie der kleine Bär und der
kleine Tiger, die die Briefpost, die Luftpost und das Telefon erfinden. Das ist
aber ein ganz anderes Buch!
Matjes sind die jungen Heringe,
bei denen sich die Fortpflanzungsorgane noch nicht oder nicht fertig
ausgebildet haben. Die Rede ist von Milch und Rogen. Ihr leicht verderbliches
Fischfleisch wird sofort kräftig eingesalzen und kommt so auch in den Handel.
Verbleibt der Schwanz am sogenannten Doppelfilet nennt Fischnickel ihn
'Spatzen'. Packt man ihn an Demselben und überstreckt man seinen eigenen Hals
indem man seinen Kopf leicht nach hinten hält, kann man ihn der Länge nach
verschlingen gleich einem Fischreiher. Etwas eleganter isst sich der Kollege
dann doch mit Besteck. Zerteilt, mit den unverzichtbaren Beilagen, wie Apfel, Gurke
oder Zwiebel wird daraus ein wahrer Genuss.
Noch köstlicher ist er in meinem
Matjessalat! Hier kommt mein Rezept:
Matjessalat von Doc.Eva
Zutaten
2 Stck Matjesheringe
2 Stck Delikatessgurken, klein
1 Stck Zwiebeln, rot
½ Stck Apfel, aromatisch
1 Stck Zitrone, Saft und Abrieb nach Geschmack
2 Stck Tomaten, mittel
2 El Rapsöl
1 Pr Zimt
1 Pr Muskat
Zubereitung
Aus Öl und den Gewürzen eine
Marinade rühren. Die Heringe in Stücke, die Gurken in dünne Rädchen und die
Zwiebel in feine Würfel schneiden. Den Apfel schälen, würfeln und in
Zitronensaft kurz marinieren (damit er nicht braun wird). Alles in der Marinade
2 Std. ziehen lassen.
Anrichten
Erst jetzt den Salat mit den
gewürfelten Tomaten mischen und mit dunklem Brot servieren.
Variante
Verzichtet man auf die Gewürze und mischt stattdessen 150 g Schmand
unter, kann man den Salat auch gut als Hauptgericht mit Pellkartoffeln
verspeisen.
Lasst's
euch schmecken