Andere Länder – andere Sitten sagt
man dafür, dass sich bestimmte Dinge wie Normen, Rituale oder Werte von Nation
zu Nation oder je nach kulturellem Umfeld unterscheiden können. Ein Glück auch,
dass wir nicht alle gleich sind!
Plötzlich taucht man mitten in
der Deutschen Hauptstadt in eine ganz andere Welt ein und wird emotional total
ergriffen von fremden Ritualen. Meine Eindrücke verknüpfe ich ja allzu gerne
mit dem Essen. Wie und was serviert also ein deutsch-italienisches Elternpaar
zur Taufe seiner erstgeborenen Tochter, hier der süßen L.?
Es gibt Biscotti, Kekse und Dolci, Süßigkeiten in Hülle und Fülle, oder
wie der Berliner sagt: Zum Abwinken!
Was allerdings gar nicht fehlen darf sind Taufmandeln, fünf Stück an der Zahl,
für jeden Gast. Diese Mandeln stehen für
fünf Wünsche:
Langes Leben,
Gesundheit,
Fruchtbarkeit,
Wohlstand
und Glück.
Sie sind meist mit einer
Zuckerschicht überzogen und so wird der leicht bittere Geschmack der Mandeln mit der Süße des Zuckers kombiniert.
Als Gastgeschenk stehen sie für die Bitte, dem Täufling beizustehen und Anteil
an seinem Leben zu nehmen. Ursprünglich traditionell werden sie als Hochzeitsmandeln an die Festgäste
verschenkt, verpackt in kleine Organza Säckchen, ebenso für langes Eheleben,
Gesundheit, Fruchtbarkeit, Wohlstand und Glück.
Noch nie zuvor habe ich eine Tauf-Bombonieren-Torte gesehen. Auf den
ersten Blick dachte ich an eine dieser grauslig süßen Fondanttorten mit
geschmacksneutralem Inhalt (Hauptsache hübsch), wie sie jetzt überall en vogue
sind, allerdings in absolut handwerklichen Perfektion. Beim näheren Hinschauen
entpuppten sie sich als eine Gastgeschenktorte bestehend aus üppig dekoriertem
Edelkarton, gefüllt mit eben diesen dragierten Mandeln.
Von den vier servierten Biscotti Sorten gefielen mir eigentlich
alle gleichgut, zumal sie von der Nonna (ital. = Oma) nach traditionellen
sardischen Familienrezepten selbst hergestellt waren. Sie verriet mir großzügiger
Weise Ihres – danke an dieser Stelle.
Tradition hin oder her, für
meinen Geschmack darf der Zuckeranteil deutlich reduziert werden, und die
Belegkirschen (die mag ich gar nicht) habe ich durch eine Mandel ersetzt. Und
überhaupt habe ich einiges anders gemacht. Dem glücklichen Vater C. haben meine
Amaretti bei der Verkostung anlässlich
unserer gemeinsamen Tao-Chi-Gruppen-Sommer-Abschluss-Session geschmeckt und die
leicht salzige Note und das zarte Anisaroma des Sambuca fanden auch seine Zustimmung – ganz wichtig: Sie sind im
Inneren weich und saftig.
Der Sambuca wird ja meist als
Digestif getrunken, häufig con la mosca, „mit Fliege“, das heißt mit drei,
Kaffeebohnen. Könnte man mir jetzt zusehen, würde ich die Anführungszeichen mit
je zwei Fingern in die Luft malen. Lufthäschen sagt man übrigens neumodisch in
der Hauptstadt dazu – nett nicht wahr?
Doch vor dem Genuss steht, wie so
häufig die Arbeit. Fertig geriebene Mandeln aus der Tüte gehen gar nicht. In
Sardinien hat man die Mandelbäume dazu im Garten, hier hat man den
Trockenfrüchte Ticker vor seiner Tür. Frisch gemahlen müssen sie nämlich sein,
erst dann haben sie das perfekte Aroma und die richtige Konsistenz. In Sachsen
ist es wohl Brauch zum "Mandelschnappen" einzuladen. In gemütlicher
Runde werden zusammen Mandeln gehäutet z.B. für Stollen und Co. Aber
aufgepasst: Der Gewichtsverlust beim Verarbeiten durch die abgepulten braunen
Häute und die vorwitzigen Finger der Naschkatzen sind nicht zu unterschätzen
und verändert im Zweifel die Gewichtsverhältnisse der Rezeptur! Ich sehe diese
Beschäftigung eher meditativ.
Übrigens: Studien weisen darauf hin, dass der
regelmäßige Verzehr von Mandeln und Nüssen dazu beitragen kann, die Mortalität
(Sterblichkeitsrate) aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
Amaretti von Doc.Eva
Zutaten
200g Mandeln, enthäutet
150 g Zucker
1 Stck Zitrone, Abrieb
2 Stck Eier
4 Tr Bittermandelaroma
1 cl Sambuca
2 Pr Salz
Zubereitung
Die Mandeln zunächst häuten und
gut trocknen lassen, dann ganz fein mahlen. Die zermahlenen Mandeln mit der
abgeriebenen Zitronenschale, dem Sambuca und dem Zucker in eine Schüssel geben.
Eigelb und Eiweiß trennen.
Eidotter anderweitig verwenden. Eiweiß mit Salz steif schlagen und dann nur das
steifgeschlagene Eiweiß in die Schüssel, 2 El abnehmen, geben und alles sehr
sorgfältig vermengen.
Anschließend aus dem Teig in
passende Förmchen geben oder Amaretti händisch formen (sie sind etwas kleiner
als ein Ei). Die Amaretti zunächst mit Eiweiß bepinseln und dann mit Zucker
bestreuen. In die Mitte eine Mandel setzen.
Die Amaretti im vorgewärmten
Backofen bei 180°C Umluft 20 Min. backen. Sobald die Amaretti goldfarben sind,
aus dem Ofen nehmen, auskühlen lassen und erst dann aus der Form nehmen.
L. wünsche ich, dass sie von ihren Eltern sowohl Wurzeln als auch
Flügel bekommt und K. und C., dass ihr Kind ihnen sehr viel Freude bereitet.