Im
letzten Blogpost hatte ich nur ein kleiner Vorgeschmack lukullischer Art von meiner Reise in das wundervolle
Apulien vorgestellt. Hier nun wird es auch um Natur, Geschichte, Feierlichkeiten und Spiritualität gehen. Aber lest und schaut doch einfach selbst …
Die Reise nach Apulien, Teil II
Die Tavole di San Giuseppe
Am Vortag der
Tavole di San Giuseppe (Gedeckte Tische des Heiligen Josef) hat unsere kleine Reisegruppe in
Giurdignano die Backstube des Bäckermeisters
S. Protopapa und seiner Gemahlin besucht.
Nochmal zur Erinnerung, die kleine Gemeinde liegt in der
Provinz Lecce in
Apulien, etwa 34,5 Kilometer südöstlich der Stadt Lecce im
Salento. Beim Übergang vom
Adriatischen Meer ins
Ionische Meer bei
Otranto sind es dort etwa 70 Kilometer in östlicher Richtung – aber davon später mehr. Der Ort liegt im
Giardino megalitico d’Italia (Italienischer Megalithgarten) – auch davon später mehr.
Des Bäckermeisters Protopapa über 70 Jahre alten Ofen wird ausschließlich mit Olivenholz befeuert. Dort wird auch das
Pane Giurdignanese gebacken. Das riesengroße Brot mit einem Loch in der Mitte ist fünf Kilo schwer und wird uns noch mehrfach bei den
Tavole di San Giuseppe begegnen. Schon Wochen vorher laufen die Vorbereitungen in
Giurdignano, es wird gebacken, gekocht und dekoriert was das Zeug hält. Auch die Familien, die aktiv an dem spannendsten Tag des Jahres teilnehmen, haben alle Hände voll zu tun. In diesem Jahr beteiligten sich
53 Familien und Einrichtungen an den Festivitäten. Angemerkt sei, dass Giurdignano gerade mal knapp
2000 Einwohner zählt. Am
18. und 19. März konnte man die Tafeln in den geöffneten Häusern der Beteiligten besichtigen.
Die Feierlichkeiten begannen bereits am Vortag mit einer musikalisch geprägten illustren Abendveranstaltung, weil die Kommune und die Region Apulien die Aufnahme dieser Tradition zurecht in das
UNESCO-Welterbe befördern möchten.
Am Ereignistag waren, auf einer großen Tribüne die Speisen und Gerichte dekorativ aufgereiht. Neben den überdimensionalen Brotringen gehörten dazu natürlich der regionale Rotwein, große Fenchelknollen, Pasta, Olivenöl und Orangen. Hinzu kommen die Gerichte, die die
Heiligen auf Zeit in mehreren Gängen an der Tafel zu sich nehmen.
Im eigenen Land taugt der Prophet ja bekanntlich nichts. Dort hingegen gehörte ich zu denjenigen, die an die Tafel gebeten wurden …
ja und heilig ward ich dann auch gesprochen. Das war selbst für mich als aufgeklärte Protestantin ein sehr emotionaler Augenblick.
|
fotocredit unknown |
Etwas zum Schmunzeln? Der Pfarrer befragt einen Schüler in der Religionsstunde:
Was geschieht, wenn du eins der zehn Gebote brichst?
Na, dann sind's eben nur noch neun!
Danke an die Leitung der Kommune, der Bürgermeisterin M. Gravante und ihrer Stellvertreterin G. Vilei.
Die Dolmen und Menhire
Neben zahlreichen Krypten und Felskirchen stößt man im
Salento auf viele
Dolmen und Menhire. Wie oben bereits erwähnt liegt
Giurdignano im
Italienischen Megalithgarten.
Unsere kleine Reisegruppe unternahm einen Ausflug zu Fuß auf‘s Land. Wandern in Olivenhainen zwischen Dolmen und Menhire führt unweigerlich zur inneren Einkehr, die einen nachdenklich stimmt. Da geistert mir spontan die Einrichtung eines geführten Weges der
Inneren Einkehr mit Stationen in den zauberhaften örtlichen Masserien durch den Kopf. Daran müssen wir mit den örtlichen Gremien definitiv arbeiten um den Salent auch außerhalb der touristischen Reisezeiten zu proklamieren.
Etwas Musik?
Liberta 2001
Al Bano Carrisi
Die Impressionen
Begleitet mich doch einfach auf einem Spaziergang am Adriatischen Meer in
Apulien durch das bezaubernde
Otranto mit seinen malerischen Gassen und der spektakulären Aussicht von der Festung
Castello Aragonese auf den Hafen.
Eine kleine Auszeit mit einem duftenden
Cafe - in Italien nennt man den kleinen Schwarzen eben nicht Espresso, übrigens ebenso wenig wie man einen Cappuccino am Nachmittag oder Abend und schon gar nicht getoppt mit Sahne trinkt.
Hach, und die wunderbaren Fortbewegungsmittel der Italiener geben nochmal das richtig Flair - genau so einen gelben
Cinquecento hatte ich auch vor einem halben Jahrzehnt.
Der Lago de Bauxite
Ein weiteres Ziel war der
Lago de Bauxite - welche Farben! Der Lago de Bauxite ist ein Relikt aus vergangenen Tagen des
Bauxitabbaus, einem
Aluminiumerz. Seinen Namen hat Bauxit von seinem 1. Fundort
Les Baux-de-Provence in
Südfrankreich.
Besonders in mein botanisch interessiertes Auge gefallen ist mir das üppige Auftreten des
Ästigen Affodill (Asphodelus ramosus). Multiple kleine Blüten thronen an ein Meter hohen Rhizom-Geophyten – ein Augenschmaus.
Das Capo d'Otranto
Das Capo d'Otranto gilt als
östlichster Punkt Italiens. In ca. 70 km Entfernung liegt bereits
Albanien. Bei gutem Wetter ist es in der Ferne sichtbar. Gerne feiert die örtliche Bevölkerung hier den Beginn des
Neuen Jahres, da das Datum am östlichsten Punkt Italiens als erstes erreicht wird.
Das Il Megalite
Der
Agriturismo Il Megalite war zunächst ein
Bauernhof, der mit Liebe, traditionellen Methoden und Leidenschaft für Unverfälschtheit alles produziert, was auf den Tisch der Gäste gelangt. 15 geräumige Zimmer verteilen sich rund um einen Innenhof, übrigens mit Pool. Die Masseria oder der Bauernhof ist auch ein idealer Ort für Kinder, die auf den Rasenflächen spielen oder die Tierfarm besuchen können. Ein Aufenthalt im Zeichen des Friedens und der Wiederentdeckung einer Urkunst, der intensiven Aromen der Erde und der lebendigen Farben der Natur ist hier mehr als möglich.
Die Küche
Den unübertroffen besten
Ricotta salata, mal ganz abgesehen von den restlichen Molkereiprodukten, von der
Caseificio Santoro und erlesenste Backwaren gab es zum Frühstück in der
Masseria Il Megalite.
Die
Lampacione oder die
Schopfige Traubenhyazinthe ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Traubenhyazinthen in der Familie der Spargelgewächse. Sie wird in Apulien sehr gerne mariniert als Vorspeise serviert. Im
Giardino megalitico d’Italia, s. o. konnte man sie wildwachsend entdecken. Mit ihren Bitterstoffen regen sie die innersekretorischen Drüsen an und fördern trefflich die Verdauung – aufpassen bei der Menge des Verzehrs.
So einfach und doch so gut ist die
Cucina povera des
Salento!
Friselle sind eine Art Zwieback in Apulien. Man isst sie eingeweicht mit Tomaten, Olivenöl und Mozzarella. Im
Trapetum, Via Bruni Abate, 124, 76011 Bisceglie BT, wo man übrigens auch herrschaftlich logieren kann durften wir es verkosten.
Der Abschied
Das Essen ist so eine großartige Lust in Italien und besonders in Apulien und speziell in der
Osteria Degli Amici Giurdignano an der Piazza Municipio, 13 in 73020 Giurdignano im malerischen Innenhof des
Palazzo Baronale aus dem 16. Jahrhundert.
Einfach, aber reich an Geschmack, mit den Zutaten, die die Bauern der Gegend anbauen – so präsentiert sich die Speisefolge. Wir wurden mehrfach dort ganz ausgezeichnet verköstigt. Ob Pettole, Orecchiette, Cavatelli, Sagne incannulate, Tagliarina, Vermicelli oder Langanelle, Friselle (s. o.), Piadina, Focaccia, Parmigiana di Melanzane, Fave, Gemüse, Fisch oder Fleisch Käse, hier Ricotta forte (deftige Ricotta) mit Anchovis, in jedweder Form - so überragend köstlich.
Leider ist es wieder einmal ein Abschiedsessen.
Überall wurde uns die sehr herzliche Gastfreundschaft der Region zuteil. Die Pressereise wurde im Rahmen des regionalen Programms EFRE ESF 2014-2020 Attrattori culturali, naturali e turismo mit dem Schwerpunkt VI - Schutz der Umwelt und Förderung der natürlichen und kulturellen Ressourcen - Aktion 6.8 respektive Maßnahmen zur wettbewerbsorientierten Neupositionierung touristischer Ziele durchgeführt. Es war wieder einmal so unglaublich köstlich, informativ, emotional und schön, danke an alle Beteiligten, M. Gravante, G. Vilei und ganz besonders an die äußerst charmante und rührige
Tourismusexpertin für
Puglia C. Mancarella.
Mein Tipp
Apulien und das
Salento sind mit dem Flugzeug innerhalb weniger Stunden einfach zu erreichen. Als Destinationen bieten sich
Bari oder
Brindisi an. Einen Leihwagen zu mieten ist auch kein Problem. Es lohnt sich auf jeden Fall diese Region
in Ruhe zu erkunden um die vielfältige Natur, die lange Geschichte, die umfangreichen Feierlichkeiten und diese unglaubliche Spiritualität zu erleben. Alle fünf Sinne kommen auf ihre Art auf ihre Kosten. Also reißt euch los ihr Couchpotatoes und reist nach
Puglia!
Ich will da auch jederzeit wieder hin! Mein Warteplätzchen habe ich schon mal aufgestellt.
Das Rezept
Ein köstliches Rezept von mir, natürlich in meiner illustren Berliner Dachwohnungs-Küche zubereitet, gehört ja eigentlich traditionell zu meinen Blogposts dazu wie der
Senf zur Wurst, oder wie die Berliner Großschnauze sagen würde wie der
Arsch auf den Eimer. In diesem Fall wird es wiedermal in einem
separaten Blogpost zu finden sein, wenn ich denn all die
emotionalen Momente dieser Reise für mich verarbeitet habe.
PS: Unserem schwer verunglückten nicht mitreisenden Journalistenkollegen G. wünsche ich auf diesem Weg von ganzem Herzen weiterhin gute Besserung und Genesung!
Noch mehr schöne Berichte findet ihr demnächst hier, wenn sie denn veröffentlicht sind:
Dieter:
einfachraus
Claudia:
holy fruitsalad!
Steffi:
kochtrotz
Ingo:
WeltReisender
Grazie mille!