In meinem letzten Blogpost hatte ich für euch
Lachs mit Safransauce zubereitet. Mit dem Reisen in ferne Länder verhält oder verhielt es sich in diesem schwierigen Jahr etwas kompliziert … aber es ging, zumidest im Spätherbst dieses Jahrs. Nun bleiben wir aber vorerst wieder im Lande, erinnern uns und machen uns es so schmackhaft wie möglich. Heute gibt es kein Rezept - aber lest doch einfach selbst …
Das Reisen im Coronajahr
Die Hinreise
Wie sehr es mich nach Italien, respektive Sizilien, zieht ist ja kein Geheimnis mehr. Also kontaktierte ich das Auswärtige Amt, lud ich mir die Sizilianische Corona-App herunter und buchte einen Flug für Ende September nach Catania und einen Leihwagen um schließlich bei Freunden in Lido di Noto zu logieren. Ebendort sind auch die unterschiedlichsten Feriendomizile für jedermann buchbar. Es sollte eine Recherchereise werden um mehr und tiefer in die geografischen und lukullischen Geheimnisse der Insel einzutauchen. Es würde mein letzter Flug aus Berlin Tegel (TXL) werden.
Vom 23. Oktober 1974 an war er sowohl beruflich als auch privat mein Heimatflughafen. Wobei … mein Wirken bei der englischen Fluggesellschaft
Laker Airways begann bereits auf dem alten, nördlichen Teil des Flughafens, damals unter Französischer Besatzung.
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das bin ich, in der Bildmitte
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Trotz des anderslautenden Ergebnisses eines
Volksentscheides wurde TXL inzwischen geschlossen –
in meinen Augen DER Fehler des Jahrhunderts! Es ging äußerst zivilisiert und Corona konform zu, sowohl im Terminal als auch im Flugzeug und bei der Ankunft zu (besser als derzeit im heimischen Supermarkt wo selbst heute noch unbelehrbare Maskenverweigerer unterwegs sind). Die sommerlichen Temperaturen ließen ein Leben unter freiem Himmel zu, es wurden überall Abstandsregeln eingehalten – ich fühlte mich wie kurzzeitig befreit von der Seuchenzwangsjacke.
Der Ausflug nach Modica
Der Berliner Sternekoch T. Raue schwärmte in einem kulinarischen Artikel von der Granita al Limone im
Café Adamo in Modica. Die Stadt
Modica in der sizilianischen Provinz Ragusa imponiert mit ihren prächtigen Palazzi und barocken Sakralbauten. Ich habe
Granita al Limone vor Ort verkostet, natürlich mit einem
Cannolo Siciliano. Die berühmte
Schokolade von Modica habe ich auch probiert, ich konnte ihr allerdings wenig abgewinnen, ist man als Deutsche auf die Cremigkeit hiesiger Hersteller programmiert - diese in Modica ist nicht conchiert. Auf dem Weg passiert man die
Cava d’Ispica, Höhlensiedlungen in den zahlreichen Schluchten. Das erinnerte mich sehr an die charakteristischen Höhlensiedlungen in
Matera / Basilikata, die Sassi. Die Stadt ist in drei Etagen erbaut mit den Ortsteilen Modica alta, Modica bassa und Modica sorda. Enge Treppengassen und dicht gestaffelte Häuser ziehen sich bis 450 Meter die Hänge hinauf. Hier ist ein gutes Navigationssystem für Autofahrer essentiell – sehr besichtigenswert!
Der Ausflug nach Marzamemi
Nein, man ist weder auf Mykonos noch auf Ibiza gelandet, sondern in
Marzamemi. Es ist ein kleines Fischerdorf das als Ortsteil der Gemeinde Pachino am Ionischen Meer Siziliens liegt. Das verzauberte Dorf Marzamemi ist einzigartig und faszinierend. Die typisch sizilianische, quadratische
Piazza Margherita wird flankiert von roten Geranien in prächtigen sizilianischen Keramiken – eine Augenweide. Nun, in diesen Zeiten sind die malerischen Gassen und Plätze nicht überfüllt und lassen den Blick frei auf die erfrischenden Farben der Dekorationen. Es dominieren blau und weiß bei den (Im)mobilien und das leuchtende Bunt der floralen Elemente – äußerst sehenswert! Und wenn man dann schon im äußersten
Süden Siziliens unterwegs ist sollte man nicht versäumen
IL Carrettino delle Delizie in Portopalo Di Capo Passero von
Paolo Zuccarello zu besuchen. Mit seinen Eiscremespezialitäten wurde er bereits 2012 auf dem Gourmetgipfel
Terra Madre Salone del Gusto in Turin prämiert.
Auf dem Land
Der Erde so nah und dem Himmel so fern nur die Natur und ich. Kein Lärm, nur das Zirpen der Insekten, das Säuseln des Windes und das Rascheln der Blätter der Weinstöcke, der Oliven-, Orangen- und Mandelbäume, gesäumt von Feigenkakteen am Rande von Straßen und Wegen.
Es ist grüner als erwartet, geschuldet der Lage der Südregion Siziliens zwischen dem Ionischen und dem Mediterranen Meer. Wir probierten Mandeln, Granatäpfel und Kakteenfrüchte auf familiären Ländereien und sinnierten über das Einfache ohne Rücksicht auf Konsum und Zivilisation – einfach mal innehalten!
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
Johann Wolfgang von Goethe
Die Orangenplantagen
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unten rechts: Monica Solarino
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Ein Ausflug in die Plantagen der
Familie Solarino in der Gegend um Rosolini: Die saftigen Früchte werden biologisch angebaut, mit bestem Grundwasser bewässert, mit Pferdehaarbürsten gereinigt und auf Wunsch direkt postalisch nach Hause geliefert. Nicht nur Orangen, Zitronen, Pampelmusen werden kultiviert, auch Fingerlimetten (Microcitrus australasica) lernte ich kennen. Man nennt sie auch Kaviarlimetten.
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Fingerlimetten (Microcitrus australasica) präsentiert von Vincenzo Solarino |
Da wird's mir ganz poetisch um's Herz:
Wäre ich ein Baum, dort würde ich wachsen wollen – umschmeichelt von den salzigen Winden der zwei Meere, mit den Wurzeln in fruchtbarer Erde, berieselt von mildem Grundwasser, beschützt von umsichtigen Besitzern, liebkost vom sauberen Klima und bestrahlt von der Sonne des Südens. Etwas zum Schmunzeln? Zwei Gartenbaubeamte stehen am Straßenrand. Der eine schaufelt ein Loch, der andere schaufelt es wieder zu. Kommt ein Passant vorbei und fragt verdattert:
Was macht ihr denn da?
Gewöhnlich sind wir ja zu dritt, aber der, der die Bäume einsetzt, ist heute krank!Der Ausflug nach Ortigia
Ortigia ist eine kleine vorgelagerte Insel vor Syrakus an der Ostküste Siziliens, etwa eine Autostunde von Catania und etwa 40 Minuten von Noto entfernt. Hier treffen Geschichte und einzigartige Denkmäler aufeinander, die sogar Weltkulturerbe der UNESCO sind. Die durch zwei Brücken mit dem Festland verbundene Insel lässt sich leicht zu Fuß erobern. Ja, man könnte es geradezu als ein einzigartiges Juwel mit eigener Geschichte, Kultur und Tradition bezeichnen. Griechen und Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen. Der
Fischmarkt in Ortigia hatte es mir bereits bei meinen letzten Besuchen unglaublich angetan. Dieses Mal musste ich mir dringend eine Tüte frittierte Tintenfische einverleiben und natürlich allerlei andere essbaren Souvenirs erbeuten.
Der Ausflug nach Noto
Noto, in der Provinz von Syrakus, ist ein kleines Schmuckstück des
sizilianischen Barock, eine zauberhafte Stadt auf einer Hochebene über dem Asinaro Tal. Egal wie man sich der Stadt nähert, es ist ein wundervoller Anblick. Bereits von weitem sieht man unzählige Barockbauten, die weit über die Dächer der Stadt hinausragen. Allen voran die prachtvolle Kathedrale von Noto. Schön ist, dass man nahezu alle Sehenswürdigkeiten in einer Straße hat. So liegt beispielsweise der Dom, die riesige Kathedrale sowie unzählige Kirchen und Barockgebäude in der
Fußgängerzone. Man kann also gemütlich die Straße entlanglaufen und alle Sehenswürdigkeiten bequem per Fuß erreichen.
Wie wunderbar, dass ausgerechnet an diesem Sonntag das Fiat 500 oder besser
Cinquecento Vintage Treffen in NOTO 2020 stattfand. Diese kleinen ikonischen italienischen Autos wurden kreiert um durch die engen Straßen und Gassen von Italiens Dörfern und Städten zu manövrieren. Vor 40 Jahren war ich auch Besitzerin eines dieser gelben Flitzer. Etwas Musik?
LamborghiniGuè Pequeno
Der Besuch beim Winzer
Was wäre eine
Recherchetour im Süden Siziliens ohne eine Einkehr beim Winzer: Das ist der Letztjährige und er lief vom Fass fast direkt in die Kehle auf der
L'azienda Agricola Lupo Luigi. Er ist tiefrot und ein wenig eckig und kantig, also von intensivem Geschmack. Zia (deut. = Tante) Lucia hatte Ravioli mit Ricottafüllung zubereitet. Die haben wir schließlich in Rosolini, welches schon auf dem Weg nach Modica als Drehkreuz fungierte, abgeholt um sie später zu verspeisen. Unvergessen die täglich wiederkehrenden faszinierenden Sonnenaufgänge über dem
Golfo di Noto in direkter Nachbarschaft zu den
White Rocks (Kreidefelsen) von
Lido di Noto.
Die Vorschau
Weit mehr über die kulinarischen Köstlichkeiten meines Ausflugs nach Sizilien und Einblicke in die private Kochkunst meiner Gastgeberfamilie folgen im nächsten Blogpost. Danke für alles, fino alla prossima volta - bis dahin und SO LONG …